Herero, Plural: OvaHerero
Angehörige*r einer Bevölkerungsgruppe des heutigen Namibias, die schon seit dem 17./18. Jahrhundert in diesem Gebiet lebt. Es gibt auch OvaHerero in Botswana und Angola. Traditionell waren viele OvaHerero nomadische Rinderhirt*innen.
Koloniale Gebietsbezeichnungen
Der Kontinent Afrika (sowie andere Teile der Welt) wurde im Zuge des Kolonialismus von europäischen Nationen in Gebiete aufgeteilt und durch diese (um)benannt. Die vorherigen Bevölkerungsstrukturen wurden dabei völlig ignoriert. Die obigen Bezeichnungen für Gebiete in Afrika sind von deutschen Kolonisator*innen im Zuge des deutschen Kolonialismus erfunden und genutzt worden. Sie hatten nichts mit bereits existierenden Gebietsbegrenzungen oder Gebietsbezeichnungen der damals kolonisierten Menschen gemein. Dadurch wiederholt sich auch in diesen Bezeichnungen das koloniale Machtverhältnis und die Aneignung von Territorium aufgrund rassistischer und imperialistischer Ideologien. Manche der heutigen nationalen Grenzen in Afrika gehen noch auf die Grenzziehung durch die Kolonialmächte zurück.
Wir finden es wichtig, die Bezeichnungen durch die deutsche Kolonialmacht für den historischen Kontext, in dem diese Namen „offiziell“ von der Kolonialmacht verwendet wurden (1884-1918), zu benennen, wenn es im Text um eben dieses Gebiet und die Verbrechen, die die deutsche Kolonialmacht dort in dem Zeitraum begangen hat, zu benennen.
Zwischen 1884 und 1899 erwarb das damalige Deutsche Reich Kolonien in Afrika, in China, sowie im Pazifik und war damit nach Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden das viertgrößte europäische Kolonialreich.
verwendete koloniale Gebietsbezeichnungen:
„Deutsch-Südwestafrika“ (Bezeichnung von 1884-1915) umfasste damals das Gebiet des heutigen Namibia
„Deutsch-Ostafrika“ (Bezeichnung von 1885-1918) umfasste damals Gebiete des heutigen Tansania (ohne Sansibar), Burundi und Ruanda sowie einen kleinen Teil Mosambiks.
„Lüderitzbucht“ Die heute noch so benannte Lüderitzbucht, von den portugiesischen Entdeckern Angra Pequena (portugiesisch für Kleine Bucht) genannt, ist eine Meeresbucht im Südatlantik nahe der Seehafenstadt Lüderitz in Namibia. Sie wurde nach dem Bremer Tabakhändler Adolf Lüderitz benannt, der sie 1883 in Besitz nahm. Seit 1993 wird eine Umbenennung der Stadt Lüderitz kontrovers diskutiert.
„Haifischinsel“ Heute Shark-Island, ist eine kleine Halbinsel an der Küste Namibias im Südatlantik. Sie befindet sich in der „Lüderitzbucht“.
„Windhuk“ Die namibische Hauptstadt „Windhoek“ wurde ursprünglich von den Buren, niederländischen Siedler*innen, benannt. Gouverneur Theodor Leutwein ließ die 1890 offiziell von der deutschen Kolonialmacht gegründete Stadt 1903 in „Windhuk“ umbenennen. 1918 wurde der amtliche Stadtname zurück in Windhoek geändert.
Nama
Bevölkerungsgruppe des heutigen Namibias, die schon seit dem 17. Jahrhundert in diesem Gebiet lebt. Es gibt auch Nama in der Republik Südafrika. Traditionell waren viele Nama nomadische Viehzüchter*innen. Vor und zu Beginn des Krieges der deutschen Kolonialmacht gegen die OvaHerero standen auch die Nama immer wieder in kriegerischen Auseinandersetzungen mit letzteren.
Nyakyosa
Auch genannt Sokile, Ngonde, oder Nkonde. Bantu sprechende Bevölkerungsgruppe der Mbeya Region des heutigen Tansanias.
People of Colo(u)r – PoC
„Vor dem Hintergrund seiner jüngeren Geschichte ist zu erkennen, dass der Ausdruck PoC bis in die Gegenwart v.a. eine solidaritätsstiftende Perspektive vermitteln will. Als gemeinsame Plattform, für grenzüberschreitende Bündnisse wendet er sich gleichermaßen an alle Mitglieder rassifizierter und unterdrückter Communities. PoC bezieht sich auf alle rassifizierte Menschen, die in unterschiedlichen Anteilen über afrikanische, asiatische, lateinamerikanische, arabische, jüdische, indigene oder pazifische Herkünfte oder Hintergründe verfügen. Er verbindet diejenigen, die durch die weiße Dominanzkultur marginalisiert sowie durch die Gewalt kolonialer Tradierungen und Präsenzen kollektiv abgewertet werden.“ (Kien Nghi Ha 2013)
Diese Definition zeigt auf, dass Menschen mit jüdischen Herkünften oder Hintergründen nicht unbedingt als weiß und den damit einhergehenden Privilegien benannt werden können/wollen. Es gibt dazu unterschiedliche Selbstbezeichnungen. An dieser Stelle möchten wir damit z.B. darauf verweisen, dass das Zitat von Aimé Césaire aus dem Jahr 1950 (im Abschnitt zu Kontinuitäten/Singularitäten auf diesem Blog) auch anders diskutiert werden kann.
Kien Nghi Ha 2013
Ha, Kien Nghi: People of Colour, in: Nduka-Agwu, Adibeli/ Hornscheidt, Lann (Hrsg.): Rassismus auf gut Deutsch. Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen, Frankfurt am Main: Brandes&Apsel, 2. Aufl. 2013 (2010).
„Rasse“
Dieser Begriff bezeichnet eine biologistische Konstruktion, mittels dessen Menschen im Zuge eines wissenschaftlichen Rassismus, der sich vor allem im 19.Jahrhundert verstärkte, kategorisiert und hierarchisiert wurden. Er ist zutiefst problematisch, da er die Annahme wiederholt, es gäbe eine Einteilung von Menschen anhand dieser Kategorie, die auf vermeintlichen biologischen Grundlagen beruhe. Sowohl im deutschen Kolonialismus als auch im Nationalsozialismus wurde diese rassistische Ideologie dafür benutzt, Menschen entweder kollektiv abzuwerten, auszubeuten und zu töten oder sie zu überhöhen und ihnen auf den jeweiligen Zuschreibungen beruhend eine Position in der Gesellschaft zuzuweisen.
Wir verwenden diesen Begriff an einigen Stellen, um deutlich zu machen, dass er für den historischen Kontext als Legitimation von Gewalt hervorgebracht und eingesetzt wurde. Um die Problematik dieses Begriffs und die Konstruktion, die dahinter steht, zu markieren, setzen wir den Begriff in Anführungszeichen. Die Arbeit mit dem deutschen Begriff und dessen Hervorhebung ermöglicht einen deutlichen Bezug zur deutschen Gewaltgeschichte und ihrer Verortung innerhalb eines europäischen Zusammenhangs.
Reparationen / „Entschädigung“
Reparationen sollen einen Ausgleich für begangenes Unrecht oder einen verübten großen Schaden schaffen, der die Folgen des Unrechts verringert oder den Schaden aufhebt. Oft werden zum Beispiel nach Kriegen Reparationen geleistet. Sie können in unterschiedlichen Formen, meistens als Reparationszahlungen (also Geld) vorkommen. Ähnlich wie das Wort Reparationen wird auch das Wort „Entschädigung“ benutzt. Es klingt jedoch eher so, als wäre mit einer Entschädigung das ursprüngliche Problem angemessen gelöst, so wie man einem Kind, wenn es traurig ist, weil es nicht auf den Spielplatz darf, zur Entschädigung ein Stück Schokolade gibt. Wir setzen es in Anführungszeichen weil es in Bezug auf so große Verbrechen wie den Kolonialismus oder den Nationalsozialismus natürlich keine angemessene Entschädigung geben kann, sondern nur Reparationen, die die Folgen für die Betroffenen etwas verringern.
„Schutzgebiete“
Die kolonisierten Gebiete wurden von der deutschen Regierung offiziell als „Deutsche ‚Schutzgebiete‘“ bezeichnet. Der Begriff beschönigte und verzerrte die gewaltvolle Inbesitznahme von Gebieten, indem er die Annahme vermittelte, dass Gebiete angeblich des Schutzes durch die deutschen Soldaten bedurften. Durch die rassistische Darstellung der Kolonisierten als „hilflos“ und als „passiv“ wurden koloniale Machtbeziehungen mit diesem Begriff verdeckt und gerechtfertigt.
Schwarz
Schwarz ist „[d]ie politisch korrekte und vor allem selbstgewählte Bezeichnung für Schwarze Menschen.“ (Noah Sow 2009) Die Großschreibung des Begriffss markiert das politische Widerstandspotenzial, welches von Schwarzen Menschen und People of Color dieser Kategorie eingeschrieben wurde. Daran anschließend bleibt zu vermerken, dass „Schwarz zu sein […] keine Eigenschaft [ist], sondern eine gesellschaftspolitische Position. Die Selbstbestimmung >Schwarz< markiert bestimmte gemeinsame Erfahrungshorizonte und somit auch Lebensrealitäten in einer weißdominierten Gesellschaft. Weiße können daher nicht bestimmen, wer Schwarz ist und wer nicht.“ (Noah Sow 2011)
Sow, Noah: Deutschland Schwarz Weiß. Der alltägliche Rassismus, München: Wilhelm Goldmann Verlag, Taschenbuchausgabe 2009 (orig. 2008).
Sow, Noah: Schwarz für Weiße, in: Arndt, Susan/ Ofuatey-Alazard, Nadja (Hrsg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk, Münster: Unrast Verlag, 2011.
Shoa / Shoah
Der Begriff bezeichnet die systematische Ermordung von Jüdinnen und Juden sowie Personen, die den Nationalsozialist*innen als solche galten während des Nationalsozialismus. Die Ermordungen wurden hauptsächlich in Konzentrations- und Vernichtungslagern durch die dortigen Aufseher*innen und durch Massenerschießungen osteuropäischer Jüd*innen der Wehrmacht durchgeführt.
Das Wort „Shoa“ (oder Shoah, es gibt beide Schreibweisen) ist hebräisch und bedeutet Katastrophe. Es wird seit 1948, den Jahr der Staatsgründung Israels dort für den Massenmord an europäischen Jüdinnen und Juden verwendet. Wir finden es passender als das oft verwendete Wort „Holocaust“. Dieses ist griechisch und bedeutet „vollständig verbrannt“. Im Altertum wurde es für die Brandopferung von Tieren benutzt, im Mittelalter für Brandkatastrophen, bei denen viele Menschen ums Leben kamen. Der Massenmord an Jüd*innen ist damit nicht vergleichbar.
*Sternchenform
Die Sternchenform, gesprochen mit einem Glottalplosiv, ist eine von vielen Möglichkeiten, durch Sprachhandlungen Zweigenderung in Frage zu stellen. Zweigenderung ist die Annahme, dass alle Personen in zwei und nur zwei Gender eingeteilt werden können, dass diese Einteilung natürlich und objektiv ist. Die Sternchenform ist auch bekannt als Gendergap. Die Strahlen des Sternchens symbolisieren Gestaltungsspielräume und die Mehrdimensionalität von Geschlecht.
Wir verwenden diese Form, wenn wir die Geschlechtsidentität der Menschen, über die wir schreiben nicht kennen.
weiß
„Aus Weißsein ergibt sich automatisch eine bestimmte Position in der Gesellschaft, die von der des People of Color-Seins verschieden ist.“ (Noah Sow 2011 a) weiß bezeichnet Menschen, die politisch und strukturell durch ein weißes Dominanzverhältnis privilegiert werden. Die Kursiv- und Kleinschreibung markiert, dass es eine analytische Kategorie ist, die diese Privilegien sichtbar macht und grenzt diese Kategorie von der selbstermächtigenden Bedeutungsebene der Selbstbezeichnungen Schwarz und People of Color ab. Die weiße Position wird aus der weißen Perspektive als Norm wahrgenommen und häufig unsichtbar gemacht. „Wird nun also auf den Begriff >weiß< zurückgegriffen, so birgt dies unter anderem den Vorteil, dass dieser Zustand verdeutlicht und bekämpft werden kann.“ (Noah Sow 2011)
Sow, Noah: weiß, in: Arndt, Susan/ Ofuatey-Alazard, Nadja (Hrsg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk, Münster: Unrast Verlag, 2011.